Das Gemälde Sankt Nikolaus
Hoch zur Ross mit Apfelsinen im Gepäck
Das Gemälde Sankt Nikolaus von Fritz Tüshaus (1832–1885)
Im Sommer 2011 konnte das Stadtmuseum Münster das Gemälde mit der Darstellung des Gaben bringenden heiligen Nikolaus von Fritz Tüshaus aus dem Kunsthandel erwerben. Das signierte Gemälde entstand im Jahr 1863 und ist ein wichtiges Beispiel für die Historienmalerei des 19. Jahrhunderts aus Münster.
Der Maler Fritz Tüshaus
Friedrich Wilhelm Joseph Tüshaus, der sich selbst kurz Fritz Tüshaus nannte, wurde am 3. August 1832 in Münster als Sohn eines Lederfabrikanten geboren. Schon früh zeigte sich sein künstlerisches Talent. Nach dem Besuch des Gymnasiums Paulinum begann er 1851 das Studium der Bildhauerei an der Kunstakademie in München. Bedingt durch eine Erkrankung an der Schwindsucht (Tuberkulose) war er körperlich geschwächt, so dass er die Ausbildung nach vier Jahren abbrach. Er wandte sich der Malerei zu und studierte von 1857 bis 1858 an der Akademie in Antwerpen.
Seine Werke entstanden in einer Zeit, die vom Historismus geprägt war. Seine Historienbilder greifen daher vielfach historische Ereignisse auf, seine Genrebilder oft Märchen und Legenden. Als Vorbilder dienten ihm auch die Werke der Romantiker. Für den Rathaussaal in Münster schuf er 1869 zwei großformatige Gemälde für die Reihe der Persönlichkeiten zur münsterischen Geschichte, die den Hl. Liudger und Kaiser Heinrich III. zeigen. Im gleichen Jahr ließ er sich in Düsseldorf als Maler nieder, wirkte aber weiterhin auch in Münster und im Münsterland.
Er erhielt zahlreiche öffentliche Aufträge zur Ausstattung von Kirchen. In vielen münsterischen Gotteshäusern waren oder sind Werke von ihm vorhanden, z.B. in St. Aegidii, St. Ludgeri, St. Martini, St. Petri sowie in Liebfrauen Überwasser. Auch war er an der im Zweiten Weltkrieg zerstörten neugotischen Ausmalung des Doms beteiligt.
Neben zahlreichen Tierstudien umfasst sein Werk vor allem Porträts von Familienangehörigen, Freunden, Bekannten und Persönlichkeiten aus Münster. Ein bisher unbekanntes Selbstporträt aus der Zeit um 1875 konnte das Stadtmuseum Münster vor einigen Jahren erwerben.
Es konnte nach einer aufwändigen Restaurierung erstmals Ende 2011 öffentlich gezeigt werden.
Fritz Tüshaus starb am 2. Oktober 1885 in Münster. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem alten St. Mauritz Friedhof.
Sankt Nikolaus
Das neu erworbene Gemälde mit der Darstellung des Sankt Nikolaus entstand 1863. Die Jahreszahl bilden vier Maueranker am Gebäude im Hintergrund.
Offenbar fertigte Tüshaus mehrere Fassungen dieses Bildes, die zwischen 1874 und 1876 wiederholt bei Ausstellungen in Berlin und Düsseldorf präsentiert wurden.
Die Art der naturalistischen Darstellung entspricht noch der Malweise der sogenannten Nazarener, die einen romantisch-religiösen Stil, vor allem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Wien und Rom, pflegten.
Der heilige Nikolaus reitet, im Ornat eines Bischofs, auf einem Pferd durch eine idealisierte „altdeutsche“ Stadt, deren Häuser, u.a. aus Fachwerk errichtet, mittelalterliche Züge tragen. Sicherlich ist nicht Münster gemeint, der Kirchturm im Hintergrund ähnelt jedoch jenem der münsterischen Ludgerikirche.
Davor fliegen zahlreiche Fledermäuse, die andeuten, dass die Szene des Nachts spielt.
Auf verschiedenen Studienreisen durch Süddeutschland hielt Tüshaus in seinen Skizzenbüchern malerische alte Winkel, Wehrmauern, verwinkelte Torbögen, einzelne Gebäude und auch Kirchen fest, um sie später in seinen Gemälden wiederzugeben. Dies scheint auch bei dieser Darstellung der Fall zu sein.
Die Szene spielt im Winter. Das schwache Mondlicht erhellt die Figuren nur zum Teil. Eine offenbar arme Frau mit drei Kindern ist im Dunkeln auf der rechten Seite kaum zu erkennen.
Der historische Nikolaus lebte Anfang des 4. Jahrhunderts als Bischof in Myra in Kleinasien. Als Heiliger überreicht er hier Obst an die Kinder der Stadt, von denen zwei im Vordergrund glücklich die Szene verlassen.
Viele Legenden sind über ihn, dessen Gedenktag jährlich am 6. Dezember gefeiert wird, bekannt. Der heute an diesem Tag übliche „Einlegebrauch“, das nächtliche Befüllen der Schuhe oder Stiefel der Kinder mit Süßigkeiten, basiert auf einer dieser Legenden. Nikolaus beschenkte drei Jungfrauen, Töchter eines armen Mannes, nachts jeweils mit einem Goldklumpen, um die Mitgift für ihre Heirat zu stellen. Aus diesen ehemals goldenen Kugeln wurden später Äpfel. Im Gemälde von Fritz Tüshaus handelt es sich möglicherweise sogar um Apfelsinen.
Weiterführende Literatur
Ingrid Fisch, Vier Porträts münsterischer Bürger, in: Geschichte der Stadt Münster im Stadtmuseum Münster, Münster 2005, S. 182–183.
Clemens Steinbicker, Friedrich Tüshaus (1832–1885) – ein vergessener münsterischer Maler, in: Westfalen 45, 1976, S. 35–52.
Barbara Rommé, Das künstlerische Schaffen von Elisabet Ney – Eine Skizze, in: B. Rommé (Hg.), Herrin ihrer Kunst. Elisabeth Ney. Bildhauerin in Europa und Amerika, Köln, 2008, S. 30–37, hier S. 31–32.
Näheres zum Hl. Nicolaus: http://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaus_von_Myra