Der Pressefotograf Willi Hänscheid und sein Archiv
Im Jahr 1998 erwarb das Stadtmuseum Münster das umfangreiche Negativarchiv des münsterischen Pressefotografen Willi Hänscheid (1919–1999). Es umfasst etwa 300.000 Negative und gab den Anstoß für zahlreiche Fotoausstellungen.
Der Pressefotograf Willi Hänscheid, 1919 in Mülheim an der Ruhr geboren und 1999 in Münster gestorben, kam einer lokalen Institution gleich. Über drei Jahrzehnte begleitete er mit seiner Kamera das münsterische Tagesgeschehen. Hänscheid begann seine Tätigkeit als Pressefotograf in den 1940er Jahren. Seit Anfang 1955 war er in Münster für die „Westfälischen Nachrichten“ tätig und wechselte 1963 zur „Münstersehen Zeitung“, der er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1984 treu blieb. 1985 überreichte ihm Oberbürgermeister Dr. Jörg Twenhöven die Silberne Rathausgedenkmünze mit der Feststellung, dass er „Münsters Geschichte fotodokumentarisch mitgeschrieben“ habe.
Das Negativarchiv
In der ersten Hälfte seiner münsterischen Tätigkeit als Pressefotograf hat Hänscheid nicht nur seine Ausrüstung, sondern vor allem sein tägliches Arbeitsmaterial in Form von Mittelformat- und Kleinbildfilmen wie auch deren Entwicklung selbst bezahlt. Die Negative verblieben daher in seinem Besitz, die Zeitungen erhielten von ihm die erstellten Papierabzüge als Druckvorlagen. Dadurch entstand im Laufe der Zeit ein außerordentlich umfangreiches Negativarchiv, in dem die münsterische Stadtgeschichte in einer unglaublichen Dichte festgehalten ist. Die Zeitspanne der Aufnahmen reicht von den frühen 1950er Jahren bis in die Mitte der 1970er Jahre, am umfangreichsten ist die Überlieferung für die Jahre zwischen 1956 und 1968.
Hänscheid hat in seinen Fotos nahezu alles festgehalten, was in Münster in diesen Jahren passierte oder ihm wichtig und der Überlieferung wert erschien. Natürlich überwiegen dabei die Anlässe, die ihm durch den offiziellen Terminkalender vorgegeben waren. Nahezu lückenlos lassen sich so etwa Empfänge im Friedenssaal oder Besuche hochrangiger Persönlichkeiten in der Stadt dokumentieren. Weiterhin sind wesentliche öffentliche Ereignisse und Veranstaltungen festgehalten, der jährliche Karneval ebenso wie die Einweihung des Rathauses 1958 oder Wahlkundgebungen prominenter Bundespolitiker. Auch der lokale Sport ist in großem Umfang überliefert. Daneben hat Hänscheid aber auch zwei weitere Aspekte in seinen Aufnahmen festgehalten, die heute besonders interessant erscheinen: Zum einen dokumentierte er das sich beständig verändernde Stadtbild, das zunächst aus den Ruinen wieder entsteht und in der Folge durch Gebäudeabrisse und anschließende Neubauten einen kontinuierlichen Wandel erfährt. Zum anderen hat er den öffentlichen Alltag der Menschen in der Stadt festgehalten. Seiner Tätigkeit als Pressefotograf hingegen entspricht es, dass der nicht öffentliche Bereich – etwa Innenaufnahmen von Wohnungen oder private Feiern – vollständig fehlt.
Sein Stil
Willi Hänscheid war Pressefotograf mit Leib und Seele. Einen künstlerischen Anspruch haben seine Aufnahmen in eher geringem Maße. Er hinterließ eine enorme Zahl professioneller Aufnahmen, die mit sicherem Blick und ohne arrangiert wirkende Eingriffe die besondere Atmosphäre der jeweiligen Situation festhalten. Bei einigen wenigen „Schnappschüssen“ spürt man aber auch den Zeitdruck, unter dem der Pressefotograf stand und der ihn von einem Termin zum nächsten hetzen ließ. Hänscheid war somit Bildchronist einer Zeit, die seine Fotos für spätere Generationen festhalten und auch – ein Kompliment für jeden Fotografen – nachempfindbar machen. Die Zahl seiner Aufnahmen ist um ein Vielfaches umfangreicher als das, was hinterher als Bild in den Zeitungen erschien, nicht nur hinsichtlich der Anzahl der Fotos eines einzelnen Ereignisses, sondern im Hinblick auf die Fülle der Themen überhaupt. Nur die wenigsten Fotos sind veröffentlicht worden, was mit dem damals noch überaus hohen technischen Aufwand für deren Druck zusammenhing.
Insgesamt hat Willi Hänscheid ein Archiv von rund 300.000 Aufnahmen in Negativen aufgebaut. Die meisten Filme sind durchnummeriert und teilweise beschriftet, einige auch mit Datumsangaben versehen. Hinzu kommen mehrere Kartons, in denen die Negative unsystematisch und häufig ohne Beschriftung und Datierung gesammelt wurden. Mit einer systematischen Erschließung des Archivs wurde begonnen, hilfreich ist dabei eine vom Fotografen selbst erstellte Kartei und ein – allerdings bei weitem nicht vollständiges – Namenverzeichnis derjenigen Personen bzw. Persönlichkeiten, die ihm vor der Kamera begegneten. Aus dem Bildmaterial entstanden bislang 12 Ausstellungen zu unterschiedlichen Themen:
Informationen zu den Ausstellungen finden Sie hier:
Die fetten Jahre – Münster 1957 bis 1968 in Fotos von Willi Hänscheid:
http://www.muenster.de/stadt/museum/archiv_36244.htm
Die bitteren Jahre – Krieg, Hunger, Hoffnung. Münster 1940–1950
http://www.muenster.de/stadt/museum/archiv_36219.htm
Ein wunderherrliches Werk. Die Feierlichkeiten zum Wiederaufbau des Domes in Münster 1956:
http://www.muenster.de/stadt/museum/archiv_dom.html
Die Wunderjahre – Münster in Fotos 1959 bis 1958:
http://www.muenster.de/stadt/museum/archiv_wunderjahre.html
Die wilden Jahre – Münster in Fotos 1968 bis 1977:
http://www.muenster.de/stadt/museum/archiv_wilde-jahre.html
Ein Geschenk an die Stadt: Das Rathaus in Münster. Der Wiederaufbau 1948–1958:
http://www.muenster.de/stadt/museum/archiv_rathaus.html
Von Kopf bis Fuß – Kleidung und Mode in Münster:
http://www.muenster.de/stadt/museum/archiv_mode_1950er-1970er.html
Träume auf Rädern – Motorisierung in Münster in den 1950er und 1960er Jahren:
http://www.muenster.de/stadt/museum/archiv_traeume-auf-raedern.html
Der Prinzipalmarkt in Münster – Fotos 1857 bis 1958:
http://www.muenster.de/stadt/museum/archiv_prinzipalmarkt.html
Vor 50 Jahren – Münster 1960. Fotos und Schlagzeilen eines Jahres:
http://www.muenster.de/stadt/museum/archiv_muenster-1960.html
Vor 50 Jahren – Münster 1961. Fotos und Schlagzeilen eines Jahres:
http://www.muenster.de/stadt/museum/archiv_muenster_1961.html